Ja, ja, es hat schon wieder gedauert, bis ich mich endlich an den Rechner gesetzt habe, um die aufregenden Ereignisse des letzten Wochenendes in schmissige Zeilen zu verpacken und euch zu präsentieren. Ich muss gestehen, diesmal habe ich mich schlicht davor gedrückt, und lieber die Vorhänge zugezogen, Countrymusik aufgelegt und mich hinter Tetrismauern verbarrikadiert.
Die Konzerte, Festivalteams und das Publikum– Achtung: Spoiler!- waren dabei allesamt klasse, also kein Grund zur Panik, aber das Drumrum hatte mich auf derart vielen Ebenen gestresst, dass ich nur wenig Naturlametta habe, um den Baum der Handlung adäquat zu schmücken. Andererseits ist das Monsterstagebuch auch kein Befindlichkeitenbericht oder Selbstdarstellungsessay, wozu ich es in den letzten Monaten allerdings hin und wieder gemacht hatte, was also tun?
Vielleicht wieder kürzer und themenbasierter erzählen, also verzeiht mir bitte jedes fehlende Geplänkel, ich komme ohne Umschweife zur Sache und wahrscheinlich auch schnell zum Ende:
Eigentlich ist unser 2024 ein ziemlich festivalarmer Sommer, aber dieses Wochenende ist vollgepackt bis obenhin. Innerhalb von 24 Stunden haben wir vier Konzerte zu spielen, das erste um 23 Uhr auf dem Traffic Jam in Dieburg, das nächste um 11:30 Uhr mittags beim Brilon Laut Open Air, die letzten beiden dann beim Cuxhavener Deichbrand, das erste um 19:30 Uhr am Merchandisestand, das letzte dann um 21:30 Uhr im großen „Ich weiß nicht mehr, wie es heißt“- Zelt.
„Ich weiß nicht mehr, wie er, sie es heißt“ wird leider diesmal häufiger mein hilfloser Grußruf, denn ich habe alle Teamnamen der Festivals durcheinandergemixt und verfremdet, und weiß jetzt kaum noch, welche Namen ich wem zuordnen muss. Das tut mir wirklich leid, denn alle, wirklich alle, waren total nett, und haben uns super umsorgt und ich danke ihnen sehr. Mein Siebhirn ist zu durchlässig geworden, aber sollten wir uns je wiedersehen, werde ich versuchen, mich zu bessern, versprochen.
Das Traffic Jam heute spielen wir zu fünft, da zeitgleich Rüdis eigenes Festival stattfindet, ab morgen sind wir wieder komplett. Aufgrund des engen Zeitkorsetts und der vielen Kilometer mussten wir für das Wochenende wieder auf einen Nightliner ausweichen, uns chauffieren Armand, unser bayerischer Chemnitzer, den wir von der letzten Tour bereits kennen, und Annette, die erstmals dabei ist, aber mindestens eine genau so bezaubernde Person ist, wie wir alle. Eher noch etwas mehr. Während die Restband also aus Hamburg zum Festival tuckert, komme ich via Nahverkehr aus Erfurt gedüst, dank Bahnklima völlig unterkühlt und mit verschnupfter Nase, aber pünktlich wie die Bahn. Hallo Dieburg, hallo Monsters.
Die Band ist schon gut aufeinander eingegroovt, und in den Rhythmus finde ich nicht mehr rein. Macht nichts, Freejazz ist auch Musik.
Ich bin ausgehungert und erfrage den Weg zum Catering, Labörnski empfiehlt mir besonders das Curry, und ich muss schon sagen, das ist in der Tat der Hammer. Trotzdem saudumm von mir, denn mein Magen ist eine Erbsprinzessin, und Curry während Festivalfahrten darum möglichst weiträumig zu umfahren. Na ja, jetzt ists zu spät. Ich laufe etwas übers Gelände, das sich herrlich parkmäßig in Nischen und schönen Ecken verliert, und höre etwas den Bands zu, die mit Ska, Punk und einer interessanten Industrial/Hardcoremischung ordentlich Druck erzeugen. Derweil stelle ich mir durchaus zunehmend intensiv die Frage, warum ausgerechnet wir hier den Abend beschließen, denn als totale Punkhelden kann man uns nicht bezeichnen. Die Zeit vergeht anfangs etwas zäh, die Sonne hat uns bräsig gekocht, die Anspannung ob der kommenden Konzerte fährt aber auch schon die Krallen aus.
Endlich ist es 22:40 Uhr, und wir können soundchecken. Da sich vor der Bühne eine erste Reihe gebildet hat, die man einerseits an einer Hand abzählen kann, andererseits aber diese abgezählten Personen schon extrem gut gelaunt sind, wird der Soundcheck zu einer interaktiven Vorkonzertnummer, während der wir bereits etwas Bier verteilen, Mitsingaktionen fordern und zum Pogo aufrufen. Der Platz füllt sich dabei, und die Stimmung hat eine Form von Leichtigkeit, die an den klassischen Schlurfgang pubertierender PunkrockerInnen erinnert. Sehr schön.
Doch noch sind wir nicht dran, zunächst erobert das Duo Dimon und Bumba die Bühne und heizt den Leuten ein, was diese mit einer Zugabenforderung belohnen. Gute Show. Jetzt aber Monsters:
Wie Sandrine, eine unserer treuesten HörerInnen im Anschluss sagen wird: Es war nicht unser bestes, aber auch nicht unser schlechtestes Konzert.
Das ist ziemlich treffend beschrieben. Wir erleben viele schöne Momente mit dem tollen Publikum, sie feiern amtlich mit uns und machen uns aufgrund ihrer Juvenilität ebenfalls etwas jünger fühlend. Sie pogen und singen, und ein überdimensionaler Hase steht zwischendurch auch im Publikum und klatscht mit, wofür wir ihm spontan noch unser Häschenlied spielen, vom Bühnenteam werden wir mit Äppelwoi und Bier liebevoll versorgt, und die Zeit fliegt vorbei. Aber wir liefern nicht die Power ab, zu der wir eigentlich in der Lage sind, und wir schwören, das werden wir hundertpro verbessern, wenn wir wiederkommen dürfen. Ich bin heute zudem etwas verbalstolpernd unterwegs, außerdem rutscht mir die ganze Zeit der Hut ins Gesicht, aber die schwenkenden Arme und lachenden Gesichter erfreuen uns bis ins Mark, und gelöst verabschieden wir uns nach einer Zugabenrutsche in alle Windrichtungen.
Ich, zum Beispiel, gehe noch etwas essen, und unterhalte mich noch ein bißchen mit zwei Herren vom Team, bevor wir in den Bus steigen müssen, um die lange Fahrt nach Brilon zu starten. Und ich trau es mich kaum zu sagen: Die Fahrt ist wie ein Computerspiel, nur ohne Musik. Traffic Jam, das war ein schöner Wochenendeinstand. Merci vielmals.