13. November 2024
von: Totte

Es gibt wohl gleich zum Morgenstart ein großes Chaos bzgl. des Busausladens. Es muss sehr schnell gehen, da der Bus nicht am Club parken darf. Dummerweise ist Börnski neben Bernd der einzige, der rechtzeitig aufgestanden ist, und nun in Puschen und T-Shirt bibbernd in der Kälte steht und zwischen zürnenden Clubmitarbeitern zerrieben wird. Ich bekomme davon  nichts mit, ich wache erst gegen elf Uhr auf und entscheide gleich, dass es mir noch zu früh ist. Der Himmel ist grau,  und das Wasser am Rostockufer wirkt auf mich nicht beruhigend, sondern beklemmend, gerade so, als wollte es mich auf den Grund ziehen. Im Bus sind Frische Mische fleißig und hören bereits  die Aufnahmen auf Verwertbarkeit ab, von der Fredfront allerdings keine guten Neuigkeiten. Auch heute und auf jeden Fall noch morgen müssen wir ohne ihn auskommen.l 

Na ja. Gegen eins werde ich aber doch unruhig, und ich schließe mich Claudio an, der gerade ebenfalls zum Peter Weiss-Haus, dem heutigen Veranstaltungsort, marschieren will. Ein etwa zehnminütiger Spaziergang durch Rostock, nicht ganz das, was ich mir so an Jogging vorgenommen hatte, aber ich bin etwas tourschlapp, und ein Anfang ist immerhin ein Anfang.

Von Peter Weiss kenne ich nur „Die Ermordung Jean Marats….“, aber anscheinend geht es den BetreiberInnen des Hauses ebenso, jedenfalls sehe ich nur den Marat-Hinweis an den Wänden, wobei ich aber auch gerade enorm selektiv wahrnehme, und das nicht als detaillierte Beobachtung gewertet wissen möchte. 

Es gibt tolle vegane Wurstersatzwaren, und falls sich hier mal so ein Trottel ins Tagebuch verirrt, wie sie ständig auf Social-Media-Plattformen rumlaufen, die dann rastlos rumfragen: „Warum wollen Veganer was essen, was wie Fleisch schmeckt?“, dann sollen sie sich bitte nicht zu sanft geohrfeigt fühlen, und mal über alkoholfreies Bier nachdenken oder überhaupt mal denken, das wäre schon ein Anfang. Danke.

Der Saal ist schön, der Backstage eine Spur zu gemütlich, mit Sofas zum Drinverschwinden und gedimmten Adventlicht. Überraschend besucht uns Ohrbooten-Matze, das lässt große Freude aufkommen. Ein einfach guter Typ.

Wir soundchecken, ich übe nochmal die Fredersatzmelodica (ich werde ihn nie ersetzen können), dann gibt’s vegane Schnitzelbrötchen mit Bratkartoffeln zum Niederknien. 

Showtime Rostock: 

Es ist ein seltsamer Abend. Wir sind fast zaghaft und irgendwie neben der Spur. Ich verrutsche in der Setliste und drängle mich versehentlich vor, Rüdi vergißt Strophen bei einem seiner ältesten Klassiker, Börnski läßt mit seinem Gesang auf sich warten, so dass Pensens Intro zu einer endlosen Fahrstuhlmusik mutiert, eine allgemeine Zerstreutheit bemächtigt sich unser, die wir uns nicht erklären können. Das Publikum, das erfreulich zahlreich erschienen ist, wirkt auf uns nordisch kühl, dabei macht es aber in Wahrheit total mit und feiert den ganzen Abend. Es klatscht und singt, und zu Vier Meter bildet sich ein dreiköpfiger Moshpit vor der Bühne, der noch kurz zuvor aus der hintersten Ecke mit Feuerzeugen unseren Balladen geleuchtet hatte, und ich sehe soviele ehrlich fröhlich lachende Gesichter, dass mir ganz warm wird. Tatsächlich bekommen wir im Anschluss an das Konzert, während wir noch etwas restverwirrt beieinander stehen, die rührensten Lobeshymnen der ganzen Tour zu hören, zum Beispiel von Jule und Phibo, die sich über Monsterssongs vor 15 Jahren kennen- und liebengelernt haben, und uns heute erstmal live sehen konnten. Manchmal merkt man gar nicht, zu was man imstande ist. Toll. 

Julia und Sandrine sind auch auch da, ein schnelles gemeinsames Getränk mit ihnen, hernach noch ein wenig Sinatra im Backstage und Gespräche mit Veranstalter Frank, dann aber – ihr eifrigen LeserInnen ahnt es sicher – Busladen und Abfahrt. Die Nacht hat uns wieder. 

Im Bus geht es diesmal thematisch um Themen, die hier zu erzählen zu aufregend wäre, darum lasst euch stattdessen nur versichert sein, dass es sehr aufregende Talks waren. 

So langsam nähert sich unsere Reise dem Ende, und die Köärper und Seelen schnaufen etwas entspannter gen Zukunft. 

Aber letztlich bleibt ja der Weg das Ziel, und da kann Taumel sogar hilfreich sein. 

Rostock war ein wirklich spannender Tourpunkt, und wir versprechen gerührt, wiederzukommen, sobald wir dürfen. Ahoi zusammen!