Und Action: Ich presche mal gleich vor, weil ich heute ganz schön spät dran bin und der Soundcheck in unmittelbare Nähe rückt.
Zur Ankunft in Osnabrück strahlt er Himmel hoffnungsverheißend blau, und soweit ich es richtig mitbekomme nutzt Pensen das für eine Joggingrunde. Ich setze mich mit Kaffee und Brötchen an den Pressetext fürs kommende Album, erin Album, das „Setzten, Sekt!“ heißen und ab morgen beworben werden wird, obwohl wir gerade noch dabei sind, es aufzunehmen. Zeit ist ein verrücktes Konstrukt, und eh man sich’s versieht, ist sie schon vorbei.
Über diesen Gedanken werde ich ganz konfus und lege mich lieber wieder in die Koje, wobei ich auch mal erklären sollte, dass das nicht immer bedeutet, dass ich schlafe, denn die Koje ist auf Nightlinertouren der einzige Privatraum, den man hat. Ich brauche recht viel Rückzug, um klar zu kommen, was für ein Dasein als Eremit eher nützlich ist, als für ein Leben in einer Band.
Balsam ist darum jeder Club, der durch freundliche Menschen eine Art Geborgenheit bietet, wie zum Beispiel der Rosenhof in Osnabrück. Elif bekocht uns mit unglaublichen Veganpasta und einem tollen Süppchen, und Laura, Julia und Larissa umsorgen uns mit allem, was ein Monsterherz begehrt, sei’s Ingwer, Schnaps oder Fencheltee. Als Gegenleistung verzichten wir großzügig auf einen vertraglich gesicherten runden Garderobenständer und nutzen die eckigen. Kleiner alberner Insider, sorry.
Wir soundchecken, Fabi war in einer Ausstellung, und ich hab schon wieder vergessen, wessen Ausstellung, denn ich bin zur Zeit so stumpf, dass es sogar mir auffällt. Trotzdem gebe ich zusammen mit Labörnski noch Wolfgang von Whiskey-soda.de ein kleines Interview, in dem meine Stumpfheit hopefully nicht so auffällt, und ratzfatz ist schon wieder Zeit, auf die Bühne zu stolpern.
Heute spielen unsere Freunde von Kapelle Petra zeitgleich in Osnabrück, was uns natürlich beiden unsere Publikumsquote etwas runterreißt, aber was uns betrifft, kann ich nur sagen, wir dürfen uns über eine exorbitant tolle Audienz freuen. Osnabrück reißt ordentlich ab und ist stimmungstechnisch voll bei der Sache. Wir sind aber auch ganz gut heute, ziemlich locker, aber nicht zu verpeilt, wir machen Quatsch und spielen trotzdem meistens schön. Interaktiv geht auch einiges ab, Labörnski verdingt sich zwischenzeitlich als Kellner, Rüdi erschafft Chöre des Himmels aus dem Nichts, unsichtbare Kastagnetten werden geklappert und der Pogo ist von ganz feiner zarten Art heute. Natürlich fehlt Fred uns immer, aber wir kompensieren, so gut es geht und alle machen mit.
Spontane Minimedleys wechseln mit straffen Rockfahrten, und voller Glückseligkeit beklatschen wir zum Schluss das stehend ovationierende Publikum im Glanze des Rosenhofs.
Nach der Show sitzen wir noch ein gutes Stündchen mit FreundInnen der Band und dem Rosenhofteam zusammen, unterhalten uns über Garderobenständer und Liam Gallagher, und es ist schade, dass wir irgendwann wieder in den Bus müssen.
Aber Hamburg ruft, und wer wären wir, diesem Ruf nicht ebenso vorfreudig wie gehorsam Folge zu leisten?
Busboss Bernd übrigens gibt heute ebenfalls Autogramme, denn seine Einparktalente sind nicht von dieser Welt. Was für ein rundum gelungener Tag. Und die Nacht besticht durch kleine Gespräche, während der Motor brummt und der Globus kreist. Auf bald, liedes Osnabrück, wir kehren äußerst gern zurück.