Tourtagebuch
Rosenhof, Osnabrück
06. Nov. 2022
von Torsten
Ich habe geträumt, dass Fred eine Privatdetektei aufgemacht hat, zusammen mit irgendeiner random Type, und beide jetzt auf best Buddies machen. Ich war ziemlich angefressen von der Situation, zumal er meine Sherlock Holmes-Bücher als Referenz für die Lizenz genommen hatte. Nach dem Aufwachen entscheide ich mich sofort, statt zu frühstücken, doch lieber eine zweite Runde zu schlafen, nun kommt aber auch noch ein alter Schulkumpel ins Privat Eyes-Game, und da ziehe ich mich doch lieber selbst aus dem Traum, denn hinter all dem vermute ich psychologische Unebenheiten. Schnell duschen, rein in die Klamotten und ab zum Bandbus, wo sich nach und nach alle einfinden. Fred raucht startbereit, aber ich habe keinen rechten Bock auf Smalltalk, denn ich bin immer noch etwas sauer, wegen der Detektivsache.
Personell komplettiert geht’s ab gen Osnabrück, und bis auf einen angstmachenden Stau zwischendrin und einer Pommes hernach, verläuft die Fahrt ohne große Backstory. Immerhin, wir hören komplett das Album „Bestie in Menschengestalt“ durch, sowas haben wir schon lange nicht mehr gemacht, und die Ärzte waren da wirklich in Höchstform. Viele Erinnerungen kommen da hoch.
Erinnerungen gibt’s auch viele zu Osnabrück, Lasse hatte hier seinen ersten Einsatz mit uns, wir hatten mal einen Riesenstreit vier Minuten vor Konzertbeginn, wir haben großartige Konzerte im Rosenhof, Bastard Club und auf der Maiwoche gespielt, eine Doppelshow mit Boppin B gehabt, meine Gitarre ist mal eingerissen, es geht immer so weiter. Viel gemeinsame Geschichte, folgerichtig werden wir von den Rosenhofdamen und Herren allerliebst empfangen, es gibt gar ein frisches Süppchen, und schnell sacken wir satt in sonntägliche Schläfrigkeit. Pensen fehlt leider auch heute noch coronabedingt, wenigstens kommt Kumpel Patte zu Besuch, um unseren müden Haufen energetisch etwas aufzufüllen. Das Konzert beginnt heute bereits um 19 Uhr, was wir erst recht kurzfristig erfahren haben, aber Claudio checkt rasant, der Club ist hübsch hergerichtet, und die Gnocchi schmecken fantastisch. Ich schnacke etwas mit Lasse über unser Merchangebot und er hat gute Tipps und auch recht, was unsere merchorganisatorische Trägheit angeht. Da werden wir jetzt wieder aktiver werden, Ehrenwort.
Die heutige Show ist eine „neue“ Show, was bedeutet, dass sie nicht noch Praecoronavorverkäufe hat, sondern tatsächlich einjahresfrisch angeboten wird. Ihr habt ja alle über die Sorgen der Clubs gelesen oder davon gehört, um so schöner, dass sich der Laden sehr ordentlich mit guten Leuten füllt, natürlich kein Zuschauerekord für Osnabrück, aber momentan ist ja im Grunde jedes stattfindende Konzert rekordverdächtig.
Um 19 Uhr sind wir pünklich on stage, allerdings anscheinend noch nicht ganz da, denn Marzipan ist heute eine energielose Soße. Tapfer müht sich das Publikum, uns einzurocken, aber mir schwant böses. Glücklicherweise eine Kompletttäuschung meinerseits, denn schon bei Nordsee bricht die Sonne der Euphorie durch die Wolken der Ahnungslosigkeit, und ab jetzt wird der ganze Abend eine allerherzlichst-herrliche Sache. Wir erzählen viel, es geht um Rotkäppchensekt, Ärztevergleiche, Messdienerschaften, Weihrauch als Drogenalternative, und überhaupt glänzen zwischendrin wieder Balladen, schimmern Bonmots und krachen Rockbrecher. Jeder Abend ist anders, aber jeder Abend ist auch gleich, und das meine ich ausschließlich positiv. Tatsächlich gibt es heute mehr unkonzentrierte Zwischenrufe, etwas, das sonst eher Samstags alkoholrockbedingt passiert, aber macht gar nichts, die Lichter gehen an und schwenken selig zu kleinen Hymnen. Ein Cola Korn-Shirt landet auf der Bühne, ich ziehe es an und bleibe tapfer, aber im Ernst, Leute, das könnte durchaus etwas Seife vertragen. Hashtagzwinkersmiley.
Nach dem Konzert bleiben wir dankbar noch ein bisschen mit dem Publikum bei Pfeffi und Smalltalk im Foyer, leider müssen wir heute bereits gen Hamburg aufbrechen, darum dauert die Party nicht mehr allzu lang, aber auch auf einer nächtlichen Monstersfahrt, kann viel geschehen. Sonst jedenfalls. Heute so mittel. Aber seid sicher, dass wir sehr von euch geschwärmt haben, denn unsere Liebe ist real, so gehäuft sie auch immer wieder betont wird. Das könnt ihr uns glauben, denn die ist unsere Attitude. Und wir wissen schließlich, was das heißt.
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