Tourtagebuch
Forum, Bielefeld
15. Nov. 2015
von Totte
In Bielefeld werden wir als Freunde empfangen. Allerdings mit versehentlicher Verzögerung:
Ich wache auf, und wie das so ist, da regt sich ein Bedürfnis. Manchmal muß man Dinge eben so sagen, wie sie sind, und in diesem Fall war da das Bedürfnis. Ich packe mich in meine – inzwischen durchaus nach Tour müffelnden Klamotten, öffne die Tür und verlasse den Bus. Wo komm ich hier rein? Der Club ist verschlossen, nichts regt sich. Dafür Regen. Ich mag Regen, er ist so malerisch. Aber naß, drum zurück in den Bus. Hier teffe ich Supersoelve, der fragend blickt, von mir aber nur ein wissendes Kopfschütteln bekommen kann. Nein, der Club ist noch dicht, Toiletten somit fern.
Das wundere ihn nicht besonders, so Soelve, er sei hier bei der Ankunft gegen Acht Uhr morgens noch auf Restbestände einer Technoparty getroffen, heiß sei es hergegangen, in den wüsten Tempeln des Forums.
Im Verlauf der Erläuterungen der gestrigen Abenteuerberichte flaniert Börnski an uns vorbei.
Fragender Blick, zweimal wissendes Kopfschütteln.
Achselzuckend macht Börnski sich auf Expedition zur WC-Findung. Darüber vergehen zwei Stunden, in denen sich immer mehr Monsters mit ähnlichen Bedürfnissen zu uns gesellen, ich kenne sie nicht alle mit Namen.
Wir Teufelskerle begeben uns jetzt zumindest noch einmal auf den gefährlichen, etwa zehn cm langen Weg zum Club, vielleicht finden wir ja noch eine Geheimtür, die uns Einlaß gewährt.
Vor der Geheimtür finden wir einen geöffneten Haupteingang, im Forum supernette Mitarbeiter und im Backstagebereich wundervolle Preziosen, eine sehr sympathische, enorm eifrig schnippelnde Dame, die wohlriechende Speisen kreiert, und nicht zuletzt einen brötchenmampfenden Börnski, der sich auf dem Sofa vor einem Riesenbildschirm fläzt und vergessen hat, Bescheid zu geben, daß geöffnet ist.
Wir sind so süß.
Wie war der Tag? Wie war der Tag?
Zunächst mal verregnet as hell! Im Forum aber gemütlich, harmonisch und lukullisch, falls das das Wort ist, das ich meinte. Wir gucken viel und laden schnell, Kaffee, Kaffee, Smalltalk und Musikvideos, der ein oder andere übt noch neue Lieder, und die Formel 1-Sendung hab ich nicht verstanden. Zu schnell, die heizen mir zu sehr.
Ich habe dafür das Vergnügen, zwei Radiointerviews zu geben, die fragentechnisch wirklich Spaß machen, nur für ein paar Antworten schäm' ich mich jetzt. Kennerschaft vorzutäuschen: Kann ich nicht.
Aber was ich kann, ist: Das Abendessen loben. Und zwar in den Himmel! Weil es liebevoll, kreativ, unglaublich reichhaltig und superschmckhaft ist. Dani ist eine Zauberin und unsere Gaumen haben sich allesamt verliebt.
Der Nachteil: Unsere Bäuche wölben sich it Druck. Wir sind jetzt so satt und so müse, und nun geht schon das Konzert los.
Über 400 Leute, an einem Sonntag, hier bei uns – Wow!
Und wie die drauf sind? Aufmerksam, ausgelassen, lachend und euphorisch. Auf so eine kluge Art, im Ernst.
Wir am Anfang eher: Bräsig. Ich komm' bei Zwergen raus, muß man sich mal vorstellen. Nein, lieber nicht. Doch dank rasanter spontaner Momente dreht sich die Chaosschraube schnell in Richtung Geilheit, und der Abend wird einer voller magischer, aber auch bizarrer Momente.
Gleich zu Beginn der Show erfreuen zwei junge Herren uns mit einer großen Flasche Jägermeister und einer Mütze für den Herren Bierhorst. Schick ist Mütze, schluck, ist die Flasche geöffnet. Das räumt den Magen auf und macht im Kopf Phantasie.
Das Konzert wird eine einzige Party, gut, manchmal übertreiben wir es auch und drehen etwas zu viel am Rad, aber dank den Leuten hier finden wir immer wieder zurück, denn die machen so aufmerksam mit, als würden wir eine Liveplatte aufnehmen wollen. Ach so, stimmt ja.
Da ist bestimmt was dabei, Aber es ist auch heiß! Eine echte Rockshow, wir werden gebraten, endlich mal Schweiß. Un d Nebel bei 4 Meter, von dem wir sagen müssen: Okay, Nebelmann, Du hast gewonnen! Wir gratulieren.
Nach der Show ist rechtzeitig zur Aftershowparty, die wir mit Freunden und Bekannten in einer nahegelegenen Kneipe zelebrieren wollen. Da wir aber wegen der Schweißproduktion heute alle mal nach der Show duschen, verzögert sich alles dermaßen, daß wir letztlich vor verschlossenen Türen stehen. Hm, was nun? Ob wir vielleicht noch einen letzten Absacker im Forum...?
Wir latschen zurück und finden die Crew am Tresen, endlich ihren verdienten Feierabend geniessen. Jetzt hab ich ein schlechtes Gewissen, aber von wegen: Wir werden heute nun schon zum zweiten Mal hier so empfangen, als wären wir gute Freunde, nicht als Typen, die bloß nicht genug kriegen. Sie weisen uns in die hohe Trinkkunst des „Bielefelders“ (hieß er so?) ein, köpfen mit uns Biere und stehen auch noch lange Zeit, nachdem wir endlich den Laden verlassen haben, mit uns bei Drinks und netten Gesprächen vor em Bus. Ich weiß nicht, wie spät es wurde, denn irgendwann bin ich eingeknickt, aber ich hörte gerüchteweise, daß durchaus orgens um 6 Uhr noch versucht wurde, per Taxi Getränke zu ordern. Soll nicht geklappt haben.
Bielefeld, was soll ich sagen? Ihr so: Enorm toll! Wir so: Vielen, vielen Dank! Müssen wir bald wieder machen.
Wir wollen Dein Freund sein!
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