3. April 2024
von: Totte

Wir sind wieder unterwegs. Hurra. Ein bißchen Hurra zumindest. Um ehrlich zu sein, sind die ersten Tage immer eher schlimm, denn man ist noch nicht eingespielt, bandsozial unaufgewärmt und sieht einfach nur eine horrende Tageszahl als zu erklimmenden Berg vor sich. Diesmal kommt erschwerend hinzu, dass Rüdi gesundheitsbedingt zumindest für die erste Tourrutsche ausfällt, und unkomplett auf Monstersreise zu gehen, fühlt sich doppelt falsch an.

Immerhin, und das ist schön, sind wir bereits gestern Nacht aus Hamburg losgefahren und haben im Bus in Freds Geburtstag reingefeiert. An Bord sind übrigens, neben den fünf Monsters, Merchmeister Tobi und Busdrivekönig Hupfi, der aber in Wahrheit den viel schmuckeren Namen Armand trägt. Man muss das französisch aussprechen, um ihm korrekt den vollen Wohlklang zu entlocken, doch daran scheitere ich leider mangels Sprachtalent, und versuche fortan darum, so gut es geht, den Namen zu vermeiden. Unser Supersoundmann Mark kommt direkt nach München gereist, und da sind wir jetzt auch. Beim Jogging stelle ich fest, dass München  anscheinend nur aus  menschgefüllten Hauptstraßen, Schienenverkehr, Lärm und Baustellen bestehtt, aber überhaupt keine Grünflächen hat, und stumm schimpfend laufe ich bis zu Frauenkirche und zurück, mit dem festen Entschluss, diesen Makel auch unbedingt im Tourbericht zu verewigen. 

Wieder zurück im Bus treffe ich Labörnski, der ebenfalls joggen war, aber einmal abgebogen ist und im wunderschönen naturgewaltigen Hirschgarten gelandet ist. Tja, so ist das nun mal, kleine Abbiegungen können alles entscheiden. Darum ist die Welt für Nazis auch so hässchlich. Wie dumm sie sind, allein schon aus Eigennutz bräuchten sie nur einen kleinen Schritt tun, und schon wäre die Welt bunt und viel erfreulicher. 

Es gibt leckere Suppe und Käsespätzle, aber ich hasse Käsespätzle, ich weiß nicht mal, warum. Röstzwiebeln hasse ich auch, und die sind auf den Käsespätzle drauf. Aber den Kollegen schmeckts sehr gut. Mein Geschmack ist vielleicht auch etwas dumm. Allein aus Eigennutz könnte er doch einen kleimen Schritt auf die Käsespätzle zugehen, und vielleicht wären dann sogar die Röstzwiebeln eine Offenbarung. Aber nein, ich bleib bei der Gemüsesuppe. 

Busausladen, Soundcheck, Setliste, es gibt viel zu tun, und wir bekommen überraschend noch Besuch von Gaby, unserem Berliner Busdrivekönig der letzten Tour. Er kommt samt Sohn, und den Verwandschaftsgrad würde jeder sofort erkennen, selbst wenn er die Augen schlösse, denn sie haben einen Redefluss, der nicht von dieser Welt ist. Irre Typen sind sie beide, und unsere Herzen wärmt, dass wir anscheinend als Band sympathisch genug sind, dass MitarbeiterInnen uns sogar in ihrer Freizeit besuchen. 

Kommen wir nun zum Konzert. Um 20:03 Uhr geht’s los. Das Backstage ist für einen Mittwoch sehr gut gefüllt, aber ja, zugegeben, wir hatten auch schon mal mehr Publikum. Doch so ist das mit der Welle des Erfolgs, sie bewegt sich immer. Und überhaupt, was für tolle Leute zu uns kommen, stellen wir schon nach den ersten Liedern wieder fest. München feiert wild und crazy mit und hilft uns auch über die Lücke hinweg, die Rüdis Abwesenheit auf der Bühne hinterlässt. 

Wir reden ziemlich viel und erfinden Songs über Schürzen und Kühlschrankmagneten, um den Verkauf selbiger Merchandiseprodukte anzukurbeln, was sich als voller Erfolg herausstellt. Außerdem werden zwei bühnengeile Fliegen thematisiert, die uns Monsters übers gesamte Konzert Kopfnüsse verteilen. Das Publikum singt und klatscht und hört aber auch wirklich konzentriert zu, ein Fest für uns. Irgendwann ertönt ein Geburtstagschor, und Fred will schon bescheiden abwinken, aber es stellt sich raus, dass der Chor für eine Dame namens Maya ist. Natürlich gratulieren auch wir und geben ein Bier aus. Weil ein Zuschauer in der ersten Reihe permanent vom Licht geblendet wird, leihe ich ihm meine Sonnenbrille, nach dem Konzert denkt er aber, ich hätte sie ihm geschenkt, und weil ich Depp zu freundlich bin, überlassse ich sie ihm. Er verspricht aber, sie mir beim nächsten Monsterskonzert, das er besuchen wird, wieder zurückzugeben. Bleiben wir gespannt. Bei Türen reißt die A-Saite, und die ist die wichtigste Saite für eigentlich all meine Lieder. Burger schwebt in anderen Sphären, guckt in die Luft und überhört fast eine komplette Strophe Pensens Aufforderung, mir mit seiner Gitarre auszuhelfen, und das ist ein sehr einsamer Moment, aber in seinem Scheitern von allem irgendwie auch zauberhaft. Und zum Seefahrerlied leuchten wieder alle Lichter in voller Harmonie. Wir werden mit Standing Ovations verabschiedet und sind sehr glücklich. 

Ich treffe nach dem Konzert meinen Onkel Helmut, was stets eine große Freude ist und wir quatschen solange, bis die Kollegen den Bus geladen haben. Dann ist auch die Flasche Veltliner leer (ich trank alleine) und es wird Zeit, sich zu verabschieden. Im Bus ereignet sich dann derart Spektakuläres, dass es wirklich schade ist, dass ich hier nicht darüber berichten darf. Stattdessen wünsche ich euch eine gute Nacht und danke nochmal im Namen der ganzen Monsterschaft für diesen wirklich tollen Tourauftakt. München ist ein Ort der Liebe.